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7. April 2020 / Was lässt die Baumwollpreise derzeit sinken?

Interview mit Axel Trede, Vorstandsmitglied der Bremer Baumwollbörse und Geschäftsführer des Baumwoll­händlers Cotton Service International.

Axel Trede

Die Baumwollpreise bewegen sich seit Februar kontinuierlich nach unten. Dies lässt sich am Cotlook A, den New York Cotton Futures und auch anhand der Werteentwicklung des CIF Bremen als für den Markt wesentliche Orientierungswerte erkennen. Die Cotton Report Redaktion ließ sich von Axel Trede, Vorstandsmitglied der Bremer Baumwollbörse und Geschäftsführer des Baumwoll­händlers Cotton Service International, über Hintergründe und Einflussfaktoren aufklären. Der Verdacht, die Coronakrise könnte ursächlich sein, liegt nahe.

Cotton Report: Herr Trede, wo sind die Ursachen für die derzeit sinkenden Baumwollpreise zu suchen?

Axel Trede: Dienegative Preisentwicklung der letzten Wochen ist nach Anstieg derBaumwollpreise von Oktober 2019 bis Februar 2020 allein eine Folge derCorona­-Krise. Sie ist Ausdruck der aktuellen Befürchtungen, dass massiveNachfrageeinbußen auf Konsumenten­ebene erhebliche Auswirkungen in der gesamtentextilen Kette nach sich ziehen werden. Das führt zu sinkenden Preisen. DieseTendenz ist auch an den Wertpapierbörsen und anderen Rohstoffmärkten ablesbar.

Ist das derzeitige Preisniveau mitverursacht durch Spätfolgendes Handelsstreites zwischen USA und China und haben die chinesischenBaumwollläger noch Einfluss auf das derzeitige Preisniveau?

Nein! Was diePreise angeht, ist der Handelskonflikt zwischen den beiden Baumwollgroßmächtenbereits in den Hintergrund getreten. Wir haben gesehen, dass die Preise in derZeit gegen Ende des Konfliktes sich wieder erholten. Ob man Gewinner oderVerlierer aus diesem Streit definieren kann, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dassChina in den letzten Wochen wieder vermehrt Baumwolle aus den USA geordert hat.Zudem handelte es sich in erster Linie um einen bilateralen Streit, der nebengroßer Verunsicherung zu Verwerfungen in der textilen Kette führte. ImVergleich zum Handelsstreit geht es bei der Corona-Krise um eine Pandemie miterheblichen Folgen weltweit. Des Weiteren sind die Baumwolllagerbestände inChina preislich kein entscheidender Faktor mehr – sie befinden sich auf einemfür die chinesische Regierung gut handelbaren Niveau.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise bereiten dem Markt auf der Produktionsseite Sorgen?

Ein niedriges Preisniveau wird Baumwollfarmer davonabhalten, für die nächste Saison Baumwollfasern anzubauen – wenn sie denn eineMöglichkeit für alternative Produkte wie Soja, Mais oder andere Getreidesortenhaben. Die Entscheidung, was angebaut wird, fällt in diesen Wochen auf derNordhalbkugel und es ist interessant zu beobachten, wie sich Farmer entscheidenwerden. Eine erhebliche Reduktion im Anbau kann den Grundstein für einePreiserholung in absehbarer Zukunft legen.

Wie entwickelt sich der Baumwollkonsum im Zeichen der Coronakrise?

Wie jeder von uns selbst wahrnimmt, stehen die Zeichenderzeit nicht auf ‚Konsum‘. Das trifft natürlich auch auf Textilien zu. Auf derEinzelhandelsebene drohen in betroffenen Ländern wegen der starkenMarkteinschränkungen mit Ladenschließungen und Kontaktsperren zur Verringerungder Infektionsgefahr massive Umsatzverluste. Somit besteht Gefahr für dieFunktionsfähigkeit des Vermarktungssystems. Mode ist im Gegensatz zulangfristigen Konsumgütern wie Autos oder Maschinen Saisonware bzw. sozusagenein ‚verderbliches‘ Gut – Sommermode ist in Wintermonaten nicht mehr absetzbar.Umsätze gehen verloren und können in dem Umfang nicht in Zukunft ausgeglichenwerden. Viele Händler und Marken stornieren deshalb aus Furcht vorLiquiditätsproblemen und mangelnder Nachfrage laufende Saisonaufträge, waswiederum erhebliche Auswirkungen auf die Fertigung von Spinnereien, Webereienund von Konfektionsbetrieben für Textilien und Bekleidung in denProduktionsländern Europas, aber vornehmlich in Asien als wesentlicherNachfrager von Baumwolle hat.

Wie lange wird die Kriseandauern?

Das ist natürlich nicht exakt absehbar – aber nebenvielen nicht kalkulierbaren Faktoren und Auswirkungen ist die Ursache zum Glückendlich. Ein Impfstoff wird in absehbarer Zukunft zur Verfügung stehen und diemassiven wirtschaftlichen Folgen, die akut für viele Menschen spürbar sind,werden derzeit mit erheblichen Hilfsprogrammen in diversen Ländern versucht zubegrenzen. Märkte drücken eine Erwartungshaltung, aber nicht den Ist-Zustandaus. Insofern ist weiterhin mit sehr fragilen Marktumständen zu rechnen,solange große Unsicherheit vorherrscht. Die Märkte werden aber früherreagieren, sobald das erste Licht am Ende des Tunnels sichtbar wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

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