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30. November 2018 / BAUMWOLLLOGISTIK: 70 PROZENT ALLER SCHÄDEN VERMEIDBAR

Interview mit Rüdiger Voß, Geschäftsführer der ATS Versicherungsmakler GmbH, Hamburg

Versicherungsfragen spielen im Baumwollhandel und insbesondere im Rahmen der Logistik bei der Abwicklung und Absicherung von Verträgen eine wesentliche Rolle. Insbesondere deswegen, weil die Baumwolle vom Produktionsstandort bis hin zu ihrer Verarbeitung weite Transportwege per Lkw und Schiff zurücklegen muss. Dabei ist sie nicht unerheblichen Gefahren und Beanspruchungen ausgesetzt, die es im Rahmen der Kontrakte abzusichern gilt. Die Cotton Report Redaktion sprach darüber mit Rüdiger Voß. Der Geschäftsführer der ATS Versicherungsmakler GmbH, Hamburg, als Firma in der Branche eher bekannt als Krafft & Co., gilt als außerordentlicher Kenner der Branche. ATS ist zugleich Mitglied des Vereins der Bremer Baumwollbörse.

Cotton Report: Herr Voß, das Unternehmen Krafft & Co. hat kürzlich in ATS Hamburg Versicherungsmakler GmbH umfirmiert. Was war der Hintergrund?

Rüdiger Voß: Wir haben uns entschlossen, alle Aktivitäten der ATS Gruppe, zu der auch Krafft & Co. seit über einem Jahrzehnt gehört, in diesem Jahr unter dem ATS-Dach zu verschmelzen. Dies als ‚Namenswechsel‘ zu bezeichnen, würde der Aktion aber nicht gerecht werden. Hintergrund war, dass wir wie viele andere Unternehmen auch erleben mussten, wie Gesetze, Verordnungen und Auflagen auf deutscher, europäischer und sonstiger internationaler Ebene unsere Tätigkeit immer komplexer und damit zeitaufwendiger gemacht haben, ohne einen Mehrwert auf operativer Ebene zu generieren. Diesen insgesamt erheblichen und kostenintensiven Arbeitsaufwand galt es zum Wohle unserer täglichen Arbeit und unserer Kunden, die traditionsgemäß auch aus der Baumwollwirtschaft stammen, zu reduzieren. Da die Betreuung des ATS- sowie Krafft & Co.-Klientels von Beginn an in Personalunion betrieben wurde, ändert sich für die Kunden außer dem Namen nichts.  

ATS-Management v.l.n.r.: Anne-Lena Krohn, Thomas Koop, John Sawallisch, Rüdiger Voß

Was waren die Kernkompetenzen von Krafft & Co.? Bleiben diese erhalten?

Das Hauptbetätigungsfeld von Krafft & Co. wie auch von ATS war und ist weiterhin die weltweite Begleitung unserer gewerblichen Kunden aus Handel, Industrie und Logistik in allen betrieblichen Versicherungsfragen. Unsere Wurzeln, Schwerpunkte und Kernkompetenzen liegen im Bereich der maritimen Versicherungen wie zum Beispiel der Transport-
Warenversicherung. Hiervon profitieren auch unsere langjährigen Kunden der Baumwollbranche.

Welchen Vorteil bietet die Arbeit unter dem Dach der ATS-Gruppe?

Mir persönlich gibt die Aufgabe bei ATS die Möglichkeit, beruflich das auszuleben, was ich im Laufe der Jahre gelernt habe und immer noch gerne tue: Menschen und ihre  Unternehmen kennenzulernen und ihre betrieblichen Risiken zu verstehen, deren Abdeckung versicherungstechnisch umzusetzen und die Kunden fortan aktiv zu begleiten. Die Stärken von ATS sehe ich in unserer Internationalität und dem Know-how, unserer guten Mischung aus Jung und Alt, sprich Innovationsstreben und Erfahrung, sowie vor allem in der Pflege vertrauensvoller Beziehungen zu unseren Kunden und Geschäftspartnern. Bei aller Digitalisierung und Globalisierung schätzen wir immer noch die Menschen dahinter.

Welche Risiken werden im Baumwollhandel wie versichert?

Der Strauß an möglichen Risiken und Haftungsszenarien ist mannigfaltig, der Versicherungsschutz ebenso. Beginnend von der Haftung für das Produkt an sich über die Absicherung von Forderungsausfällen bis hin zur guten alten Transportversicherung, die die Verluste und Beschädigungen der Baumwolle auf der Reise abdeckt, um nur die klassischen Themen zu nennen. 

Welche Gefahren und Versicherungen sehen Sie darüber hinaus noch als wichtig an? Was ist neu?

In den letzten Jahren hat weltweit das Thema Absicherung von Ernteausfällen als Folge von Wettereinflüssen vermehrt Bedeutung bekommen. Ferner hat die Kidnap & Ransom-Versicherung eine Renaissance erfahren – ein Thema, dem sich auch die vielen Geschäftsreisenden in der Baumwollbranche einschließlich ihrer Unternehmensleitungen nicht entziehen können. Last but not least denke ich an die stark ansteigenden Risiken durch Cyberattacken, deren teilweise unternehmensbedrohenden Folgen leider immer noch von vielen Firmen unterschätzt werden.

Wann beginnt die Haftung beim Baumwolltransport? Wann endet Sie? Wer haftet wann?

Grundsätzlich folgt die Transportversicherung den Vereinbarungen des individuellen Handelskontraktes, also zum Beispiel dem Gefahrübergang der zugrunde gelegten INCOTERM-Regel. In der Regel leistet der Transportversicherer im Rahmen einer Allgefahrendeckung vor und prüft anschließend, ob eventuell ein Transporteur dafür haftungsseitig in Anspruch genommen werden kann.

Typische Beschädigungen an Baumwolle entstehen in Folge von Brand, Nässeeinwirkung, Selbstentzündung oder Käferbefall. Auch Verluste durch Raub oder Diebstahl sind nicht selten. Der in der Branche bezeichnete „country damage“ stellt einen Sonderfall dar, für die der Versicherungsschutz speziell zu verhandeln ist.

Welche Beratungsleistungen bieten Sie bei Vertragsabschluss an?

Unsere Arbeit beginnt in der Regel weit davor. Gemeinsam mit den Kunden und manchmal auch externer Hilfe erfassen und analysieren wir die Risiken und erarbeiten anschließend versicherungstechnische Lösungen, mit denen wir den Kunden eine Orientierung für ihre weiter Risikoanalyse bieten. Dies kann sich sowohl auf einzelne Projekte als auch deren generelle Geschäftstätigkeit beziehen. Den Mitgliedern der Baumwollbörse stehen wir darüber hinaus seit langem im Rahmen der regelmäßigen Fortbildungsprogramme als Referenten zur Verfügung.

Welche Serviceleistungen bieten Sie im Schadensfall?

Sofern noch möglich, helfen wir sofort bei der Schadenminimierung. Abhängig von der Schadenart beauftragen wir umgehend geeignete Sachverständige oder Ermittler. Je schneller dies üblicherweise passiert, desto besser. Ferner unterstützen wir bei erforderlichen Haftbarhaltungen und Regress­sicherungen sowie dem Einhalten von Fristen. Anschließend besteht unser Anspruch als technischer Versicherungsmakler darin, den jeweiligen Schaden für die Versicherer inhaltlich so aufzubereiten, dass einer schnellen Abwicklung nichts im Wege steht. Darüber hinaus gelten 70 Prozent aller Transportschäden als vermeidbar. Insofern versuchen wir, aus eingetretenen Schäden gemeinsam mit unseren Kunden Rückschlüsse für eine zukünftige Schadenprävention zu ziehen. Das Sprichwort „Aus Schaden wird man (hoffentlich) klug“, gilt weiterhin – zumindest bei guter Beratung.

Welche Vorteile bietet ‚MY ATS‘?

Bei allen Bemühungen, den persönlichen Kontakt zu wahren, bietet unser Onlineportal ‚MY ATS‘ unseren Kunden die Möglichkeit, zu jeder Zeit and jedem internetfähigen Ort die im internationalen Handel üblichen Versicherungszertifikate zu erstellen. Diesen Online-Service werden wir zeitnah um weitere kundenorientierte Features erweitern, um auch hier wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn wie heißt es so schön: The future is now.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Interviews in der Rubrik „Nachgefragt“ entsprechen der Meinung des jeweiligen Interviewpartners und geben nicht die Position der Bremer Baumwollbörse als neutrale, unabhängige Institution wieder.

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