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21. Juni 2018 / Henning Hammer im Interview: Bilanz seiner Präsidenschaft

Seit Juni 2016 ist Henning Ham­mer, Geschäftsführer der Otto Stadtlander GmbH, Präsident der Bremer Baumwollbörse. Seine Amts­­zeit endet in Kürze. Auf der Generalversammlung am 28. Juni wird turnus- und satzungsgemäß ein neuer Präsident gewählt. Im Interview nimmt sich Henning Hammer Zeit für eine Bilanz der zwei letzten Jahre.

Bremen Cotton Report: Was bewegte den Baumwollhandel? Wo standen wir vor zwei Jahren? Wo stehen wir heute?

In der Tat ist viel passiert: Die Baumwollproduktion musste in der Saison 2015/16 einen Rückgang um 20 Prozent bzw. um fünf Millionen Tonnen auf 21 Millionen Tonnen hinnehmen. Den größten Rückgang in der Geschichte der Baumwollindustrie. Die Gründe sind hinlänglich bekannt. Fragen der chinesischen Baumwollpolitik und der Umgang mit den Lagerbeständen bestimmten die Diskussion. Der Anteil von Baumwolle am Weltfasermarkt ist langfristig gesehen rückläufig. Der reale Verbrauch steigt aber wieder. Die Nachfrage wird die Produktion in der kommenden Saison übersteigen. Der Baumwollhandel gewinnt weltweit an Dynamik, weil die Textilindustrie zum Beispiel in Bangladesch und Vietnam wächst. Baumwolle hat im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte, aber auch hinsichtlich vermehrter Anwendung in technischen Textilien an Mehrwert gewonnen.

Kann die Baumwollbranche in Anbetracht vernetzter Beschaffungswege heute noch isoliert betrachtet werden?

Keineswegs! Die Baumwollbranche ist Teil einer sich dynamisch verändernden Textil- und Modeindustrie, in der Schnelllebigkeit und Digitalisierung zunehmen. Die Konkurrenz zu synthetischen Fasern bleibt ein wesentlicher Faktor, bekommt aber durch die aktuelle Debatte um die Plastikverschmutzung unserer Meere eine neue Dimension.

Rückverfolgbarkeit durch die gesamte textile Kette, von der Rohbaumwolle über die Verarbeitung bis zu den Verkaufsflächen, ist ein großes Thema sowohl in der Forschung als auch in der Industrie.

Was waren wesentliche Handlungsfelder für die Bremer Baumwollbörse?

Zu unseren wesentlichen Aufgaben gehört die Schiedsrichterfunktion im internationalen Baumwollhandel. Durch Arbitragen und Qualitätsprüfungen im Netzwerk mit ICA Bremen stellen wir einen regelkonformen Handel sicher. Dazu tragen auch viele weitere internationale Netzwerkpartner bei, mit denen wir einen regelmäßigen Austausch auf der Arbeitsebene  pflegen, beispielsweise mit dem ICAC, der ICA, dem  ITMF oder im CICCA-Verbund.  

Auf nationaler Ebene ist hier das Bündnis für nachhaltige Textilen zu nennen. Hier bringt die Baumwollbörse ihre Kompetenz und Erfahrung im Naturfaserbereich ein, um soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der gesamten Textil-Lieferkette zu erreichen.  

Großer Beliebtheit erfreuen sich unsere Fachschulungen zu baumwollbezogenen Themen, oft in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern wie dem DITF Denkendorf und dem Faserinstitut Bremen (FIBRE). Mit dem FIBRE verbindet uns außerdem eine Forschungskooperation mit dem Ziel, neue Verwendungsrichtungen von Baumwolle zu entwickeln.  

Was sehen Sie als Highlight?

Neben all diesen vielfältigen Aufgaben war es die Bremer Baumwolltagung in diesem Jahr, die für mich besonders hervorzuheben ist. Wir haben es geschafft, weit mehr als 500 Teilnehmer für die Konferenz zu begeistern. Bremen war der Mittelpunkt der weltweiten Baumwollbranche. Ein qualitativ hochwertiges Programm, die Einbettung in die Cotton Week, unter anderem mit der neuen Veranstaltung „Sustain“, sowie herausragende Referenten haben die Tagung zu einem großen Erfolg gemacht.

Wo steht die Bremer Baumwoll­börse heute?

Die Baumwollbörse ist und bleibt ein verlässlicher Dienstleister für seine Mitglieder. Mit unserer Kompetenz unterstützen und beraten wir Baumwollunternehmen und Organisationen weltweit. Wir vertreten unsere Mitglieder auf nationalen wie internationalen Konferenzen sowie in politischen Angelegenheiten. Unsere Autorität und unser Knowhow sind auch bei Partnern außerhalb der Mitgliedschaft gefragt. Langjährige Erfahrung, praxisnahes Wissen  und ein großes internationales Netzwerk sind Ressourcen, von denen alle unsere Mitglieder profitieren.

Welche Rolle spielte die aktive Kommunikation?

Ein regelmäßiger Austausch und eine gute Vernetzung ist Basis unserer Arbeit. Innerhalb der Branche erreichen wir das mit den wesentlichen und regelmäßigen Informationen durch den Bremen Cotton Report und den Jahresbericht. In den letzten Jahren haben wir eine weitere Öffnung unserer Kommunikation nach außen vorangetrieben. Dies äußert sich in unserer aktiven Pressearbeit sowie über unsere Social-Media-Kanäle oder auch die erste Sustain-Veranstaltung in diesem Jahr. Ziel ist es, die Wahrnehmung der Baumwolle als wichtigste Naturfaser zu stärken.

Wie schätzen Sie als in Shanghai tätiger Baumwollhändler die Marktentwicklung in Zukunft ein?

China ist als zweitgrößter Produzent von Baumwolle und Land mit der größten Baumwollverarbeitung wichtiger denn je. Die letzten Jahre prägte der Verkauf der chinesischen Staatsreserve den Markt. Diese sind nun reduziert, daher  wird es wohl in diesem Jahr eine Wende geben. China wird seine restriktive Importpolitik aufgeben müssen, um die Nachfrage seiner Textilindustrie ausreichend zu befriedigen. Die Spannungen zwischen China und den USA sind in diesem Zusammenhang ein Unsicherheitsfaktor, der zu einigen Belastungen im Baumwollmarkt führen kann. Hier wird die Zeit zeigen, welche Dynamiken sich aus diesen Unberechenbarkeiten ergeben.

Vielen Dank für das Gespräch.

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