Nach Schätzungen der Discover Natural Fibres Initiative (DNFI), deren Mitglied auch die Bremer Baumwollbörse ist, erreichte die Naturfaserproduktion im Jahr 2018 weltweit ein Volumen von 32 Millionen Tonnen. DNFI kooperiert bei der Datenerhebung von 14 Naturfasern mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Dazu gehören neben der Baumwolle Fasern wie Abacá (Musahanf) und Wolle sowie weitere Fasern tierischen Ursprungs. Während des letzten Jahrzehnts bewegte sich die Naturfasererzeugung in der Größenordnung von 28 bis 35 Millionen Tonnen. Ein Großteil der jährlichen Veränderungen lässt sich durch wetterbedingte Ertragsschwankungen erklären. Im Jahr 2018 erreichte Baumwolle, bezogen auf die Menge, einen Anteil von 81 Prozent der weltweiten Naturfaserzeugung, während Jute sieben Prozent, Wolle und Kokosfasern jeweils drei Prozent ausmachten.
Der Produktionswert der weltweiten Naturfasererzeugung ab Farm liegt für 2018 schätzungsweise bei 60 Milliarden US-Dollar. 2016 und 2017 waren es noch 40 Milliarden. Wertmäßig machte Baumwolle einen Anteil von zwei Drittel der Naturfaserproduktion aus, während Wolle bei einem Viertel liegt. Die Baumwollpreise lagen 2018 und davor über dem Durchschnitt, da die chinesische Regierung dem Markt durch ihre Staatsreserven Bestände vorenthielt. Die Wollpreise erreichten 2018 ein Rekordniveau, verursacht durch einen sinkenden Schafbestand aufgrund von trockenen Witterungsbedingungen auf der südlichen Erdhalbkugel.
2018 lag das Volumen für die globale Erzeugung von Bekleidungs- und Textilfasern bei insgesamt 110 Millionen Tonnen. Im Zeitraum von 2008 bis 2018 verringerte sich dabei der Anteil der Naturfasern von 41 auf 29 Prozent. Die weltweite Erzeugung zellulosebasierter Fasern lag 2018 bei 6 Prozent der Gesamtproduktion, während synthetische Filamentfasern 45 Prozent und synthetische Stapelfasern 20 Prozent ausmachten. Unter den synthetischen Fasern dominierte Polyester mit einem Anteil von knapp 90 Prozent an der weltweiten Filamentproduktion und mit 70 Prozent an der globalen synthetischen Stapelfaserproduktion. Die weiteren Synthetikfasern umfassen vorwiegend Nylon-, Acryl- und Polypropylenfasern.
Der Rückgang im Anteil der Naturfasern an der Gesamterzeugung ist vor allem dem exponentiellen Wachstum der Polyesterproduktion geschuldet. Zwischen 2008 und 2018 verdoppelte sich die Erzeugung synthetischer Filamentfasern fast von 26 Millionen auf 50 Millionen Tonnen. Diese Fasern werden vorwiegend für die Fertigung von Fast-Fashion-Bekleidung genutzt. Im gleichen Zeitraum stieg die Produktion von synthetischen Stapelfasern von 15 auf 22 Millionen Tonnen, während die der Naturfasern nur von 31 auf 32 Millionen Tonnen wuchs.
Die Zahl der Beschäftigten in der Naturfaserbranche genau zu bestimmen, ist schwierig. Zum einen mag es sein, dass sich die Haushalte nicht in jedem Jahr an der Produktion beteiligen oder sie variieren in der Größe, weil nicht alle Angehörigen des Haushalts tatsächlich in die Produktion eingebunden sind. Zum anderen führen viele Länder Statistiken für den gesamten Landwirtschaftssektor, nicht für einzelne Erzeugnisse. DNFI schätzt, dass etwa 60 Millionen Haushalte an der Naturfaserproduktion beteiligt sind. Damit liegt die Gesamtbeschäftigung, sowohl bei Vollzeitbeschäftigung im ganzen Jahr als auch saisonaler oder Teilzeitbeschäftigung, bei etwa 300 Millionen Personen. Dies repräsentiert ungefähr vier Prozent der Weltbevölkerung.
Die Einkünfte pro Haushalt variieren erheblich zwischen den Sektoren und Regionen. Ein Kleinbauer in Bangladesch erzielt vielleicht einen Barwert von 50 US-Dollar im Jahr aus seiner Juteernte, die er zusätzlich zur Produktion von Nahrungsmittelpflanzen und Tierhaltung anbaut. Dagegen kann eine große mechanisierte Baumwollfarm in Brasilien oder ein Wollunternehmen in Australien brutto durchaus 50 Millionen Dollar jährlich erwirtschaften. Es wird angenommen, dass die meisten Haushalte ein Brutto-Einkommen von rund 1.000 US-Dollar durch die Produktion von Naturfasern erzielen.
Einen kommerziellen Anbau von Naturfasern gibt es in fast allen Ländern. Etwa 150 Staaten sind am Export und Import, also am Handel von und mit Naturfasern beteiligt. Naturfasern schaffen Märkte für Menschen, weil das Material lagerungsfähig und haltbar ist. Zudem weisen sie ein sehr positives Verhältnis vom Marktwert zu den Transportkosten auf. Sie haben auch den Vorteil, dass sie wie Baumwolle und Wolle in sehr trockenen Gegenden erzeugt werden können oder wie Jute in feuchten Regionen von Indien oder Bangladesch. In vielen Regionen sind die Naturfasern die einzige rentable Möglichkeit, ein Einkommen zu erwirtschaften. Millionen von Menschen leben davon.
Einkommen aus der Naturfaserproduktion kann dazu genutzt werden, Geld für Schulbildung oder Gesundheitsvorsorge zu zahlen oder Nahrungsmittel zu kaufen. Naturfasern werden fast immer im Fruchtwechsel mit Nahrungsmittelpflanzen angebaut oder stellen Nahrung als Nebenprodukt zur Verfügung. Als sogenannte „cash crops“, die Geldeinkommen generieren, dienen sie als Sicherheit für Kredite, um Betriebsmittel zu erwerben. Damit ermöglichen sie den Farmern Zugang zu Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln wie auch zu Saatgut für Nahrungspflanzen, die ansonsten nicht verfügbar wären. Entsprechend steigt die Nahrungsmittelproduktion in Regionen, wo Naturfasern angebaut werden.
Quelle:
DNFI.org