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19. August 2021 / Nachhaltigkeit für Einzelhändler und Marken

Im Rückblick: Keythemen der 35. Internationalen Baumwolltagung

Nachhaltigkeit in der textilen Lieferkette ist nach wie vor ein vieldiskutiertes Thema. Während der Internationalen Baumwolltagung 2021 in Bremen wurde das Thema in mehreren Sessions aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Zwei der Keynotes rückten die Nachhaltigkeitsbemühungen in der textilen Kette aus der Sicht von Marken und Einzelhändlern in den Fokus.

Nanda Bergstein,

Director Corporate Responsibility von Tchibo, traditioneller Anbieter von Kaffee und darüber hinaus einer der zehn größten Einzelhändler für Bekleidung und Textilien in Deutschland, sprach über den Weg des Unternehmens zu mehr unternehmerischer Verantwortung.

 

 

Heinz Zeller,

Principal Sustainability, Hugo Boss, stellte die Nachhaltigkeitsstrategie der weltbekannten Marke Hugo Boss im Premium-Segment vor. Beide Referenten gingen auch detailliert auf die Rolle von Baumwolle in ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen ein.

 

 

 

Tchibo: Verantwortung vom Landwirt bis zum Kunden

Ein nachhaltiges Unternehmen müsse Verantwortung vom Landwirt bis zum Kunden übernehmen, betonte Nanda Bergstein zu Beginn ihres Vortrags. Tchibo versuche, dieses Prinzip innerhalb der eigenen Lieferkette voranzutreiben, um die Menschen zu befähigen, selbst Veränderungen herbeizuführen. Das Unternehmen fordert hierfür entsprechende politische Rahmenbedingungen. Zudem fördert es Innovationen für mehr Nachhaltigkeit.

Nanda Bergstein berichtete, dass Aktivisten Mitte der 2000er Jahre gegen Tchibo wegen Arbeitsrechtsverletzungen in Bangladesch vorgegangen seien. Daraufhin begann das Unternehmen, an Nachhaltigkeitsthemen zu arbeiten. Es beteiligte sich in den folgenden Jahren an verschiedenen Initiativen, beispielweise dem Bündnis für nachhaltige Textilien, und verpflichtete sich, für die Zahlung existenzsichernder Löhne in Produktionsländern zu sorgen. Tchibo bemühe sich zudem, seine CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren.

Bis Ende 2021 will Tchibo 100 Prozent seiner Baumwolle aus nachhaltigen Quellen beziehen. Dabei umfasst die Definition von Nachhaltigkeit die wirtschaftliche Tragfähigkeit, eine optimierte Nutzung von Wasser, keinen Einsatz von gefährlichen Pestiziden, den Schutz der Biodiversität, soziale Verantwortung und den Verzicht auf GVO-Saatgut. Im Bereich Baumwolle setzt Tchibo auf zertifizierte Materialien aus Bio- oder Fairtrade-Baumwolle, engagiert sich in Anbauprojekten innerhalb der Lieferkette auf Ebene der Farmer und unterstützt Branchen- sowie Multi-Stakeholder-
Initiativen. Tchibo zahlt Prämien an Landwirte für Biobaumwolle. Für die Zukunft brauche es verstärkte Investitionen für die Landwirte vor Ort. Zudem sei es wichtig, die Verbraucher aufzuklären.

Nanda Bergstein erklärte, dass die Verbraucher ökologische Produkte bevorzugen. Allerdings verhinderten die Kosten für die Umstellung auf ökologische Produktion derzeit eine schnellere Produktionssteigerung. Sie stimmte zu: Polyester und andere synthetische Fasern hätten als Manko das Problem ihrer fehlenden biologischen Abbaubarkeit. Tchibo versuche, so viel Baumwolle wie möglich zu verwenden. Es würden bevorzugt Kleidungstücke aus reiner Baumwolle oder reiner Synthetik bezogen, um sortenreines Recycling zu ermöglichen. Wo es möglich ist, würden recycelte synthetische Fasern verwendet.

Hugo Boss: Fokus auf Naturfasern

Heinz Zeller betonte in seinem Vortrag, dass die Motivation für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen Hugo Boss ihren Ursprung beim Verbraucher habe. Laut einer Umfrage stufen die Konsumenten Nachhaltigkeit als drittwichtigsten Faktor bei Kaufentscheidungen ein. Auch Kapitalmärkte, NGOs und Aktionäre drängen Unternehmen dazu, Nachhaltigkeit in ihr Geschäftsmodell zu integrieren. Digitale Werkzeuge ermöglichen es Unternehmen, effizienter zu arbeiten und so Nachhaltigkeitszielsetzungen zu fördern.

Hugo Boss hat sechs strategische Handlungsfelder definiert. Dazu gehören natürliche Ressourcen schonen, eine faire Kultur im Unternehmen schaffen, die gemeinsame Verantwortung mit Partnern erreichen, Produkte mit neuen Ideen für morgen entwickeln, Perspektiven fördern und die gemeinsame Wertschöpfung anstreben. Das Nachhaltigkeitsmanagement des Unternehmens umfasst spezifische Ziele nach Abteilungen, klare Richtlinien, Datenerfassung und an die Vergütung gekoppelte Key Performance Indikatoren. Im Jahr 2019 wurden 61 Prozent der Baumwolle aus nachhaltigen Quellen bezogen, 93 Prozent der Waren stammten von hoch bewerteten Lieferanten und 98 Prozent der Lieferanten wurden in sozialer Verantwortung und Chemikalienmanagement geschult. Das Unternehmen reduziert außerdem den Energieverbrauch, die Kohlenstoffemissionen und den Wasserverbrauch.

Um Veränderungen zu erzielen, sei die Zusammenarbeit entlang der Lieferkette notwendig, so Heinz Zeller. Hugo Boss führt eine Nachhaltigkeitskennzeichnung am Point-of-Sale ein, um bewusste Kaufentscheidungen zu erleichtern. Als Beispiel nannte er dazu Anzüge mit Wollanteil, dessen Ursprung rückverfolgbar ist. Diese Anzüge waren die Bestseller im Herbst 2019. Es fehlten jedoch skalierbare IT-Lösungen. Rückverfolgbarkeit erfordere eine große Menge an Daten und führe zu höheren Kosten entlang der gesamten Lieferkette.

Baumwolle ist immer noch die wichtigste Faser für Hugo Boss. Zeller wies darauf hin, dass Baumwolle eine Faser mit geringen CO2-Emissionen sei, besonders wenn sie mit regenerativen Methoden angebaut wird. Für seine Produkte benötige Hugo Boss hochwertige Baumwolle ohne Verunreinigungen, die aus nachhaltigem Anbau stammt. Hugo Boss definiert nachhaltige Baumwolle als zertifizierte Baumwolle, zum Beispiel Biobaumwolle, BCI, CmiA und Cotton Leads. Biobaumwolle gewänne, so Zeller, immer mehr an Bedeutung, auch weil es den Konsumenten am einfachsten zu erklären wäre.

Für das Jahr 2021 setzt Hugo Boss auf Naturfasern, darunter Leinen, Hanf, Wolle und natürlich Baumwolle. Synthetische Fasern verwendet die Marke vor allem bei Bekleidungstücken wie Jacken, die nicht oft gewaschen werden und daher keine hohe Mikrofaserbelastung verursachen.

Die von den Sprechern der Internationalen Baumwolltagung Bremen zur Verfügung gestellten Präsentationen und wissenschaftlichen Aufsätze sind auf der Website der Bremer Baumwollbörse abrufbar:

Präsentationen und Aufsätze der Bremer Baumwolltagungen

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