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13. März 2025 / Nachgefragt: Sozialer, ökologischer, transparenter: Gemeinsam für eine faire Textilbranche

– Interview mit Gina Burgard, Leiterin des Bündnissekretariats, Bündnis für nachhaltige Textilien –

Nach einem Jahrzehnt Engagement für eine faire Textilbranche stellt sich das Textilbündnis neuen Herausforderungen. Im Interview erklärt Gina Burgard, die neue Leiterin des Bündnissekretariats, wie das Bündnis Nachhaltigkeit vorantreibt, Transparenz stärkt und globale Kooperationen ausbaut. Sie gibt Einblick in aktuelle Projekte und die Pläne für die kommenden Jahre.

Bremen Cotton Report: Welche Aufgaben und Ziele hat das Textilbündnis heute?

Gina Burgard, Leiterin des Bündnissekretariats, BNT

Gina Burgard: Im Textilbündnis verfolgen wir das Ziel, dass die Textil- und Bekleidungsbranche sozialer, ökologischer und transparenter wird – eine Branche, in der die Rechte aller Beschäftigten geachtet werden und Klima und Umwelt geschützt sind.

Als deutsche Multi-Stakeholder-Initiative mit rund 120 Mitgliedern bringen wir verschiedene Akteure an einen Tisch: Unternehmen und Verbände, Nichtregierungsorganisationen (NROs), Standardorganisationen, Gewerkschaften und die deutsche Bundesregierung. Gemeinsam schaffen wir eine Plattform für konstruktiven Austausch, gegenseitige Unterstützung, gemeinsames Engagement und Voneinander-Lernen. Dabei kooperieren wir mit europäischen und internationalen Initiativen, um Best Practices in die Breite zu tragen, abgestimmt nach vorne zu schreiten und gemeinsame Angebote und Anforderungen an Mitglieder und Unternehmen zu richten. So können wir den Hebel für das Engagement über den deutschen Textilmarkt hinaus vergrößern.

Unsere Arbeit konzentriert sich vor allem auf drei Bereiche: die Umsetzung von Sorgfaltspflichten, größere Transparenz in den Lieferketten und gemeinsames Engagement in Projekten, die in den Produktionsländern wirken. So gehen wir, unter Einbeziehung der Betroffenen vor Ort, die großen sozialen und ökologischen Herausforderungen der Branche an. Dazu gehört in erster Linie, dass Beschäftigte in der Textilindustrie ein menschenwürdiges Leben mit besseren Arbeitsbedingungen, unabhängiger Vertretung ihrer Interessen und Schutz vor schädlichen Umweltauswirkungen führen können.

Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer neuen Position setzen?

Thematisch soll der Fokus des Bündnisses auf das gemeinsame Engagement der Mitglieder und somit auf Wirkungen vor Ort weiter vorangetrieben werden. Außerdem sollen Unterstützungsangebote intensiviert werden, um Mitglieder bestmöglich bei der gemeinsamen Arbeit im Bündnis sowie in der Anpassung an das regulatorische Umfeld zu begleiten. Dabei ist es mir wichtig, das aktive Einbringen unserer Mitglieder zu fördern und ihre vielseitige Expertise noch gezielter zu bündeln. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf internationalen Partnerschaften und der Nutzung von Synergien mit anderen Multi-Stakeholder-Initiativen – ein aktuelles Beispiel ist hier unsere Kooperation mit Fair Wear zur Öffnung ihres Beschwerdemechanismus für Bündnismitglieder.

Wie fördert das Bündnis konkret Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit entlang der Lieferkette?

Unsere Mitglieder arbeiten in den gemeinsamen Projekten an konkreten Lösungen für eine nachhaltigere und gerechtere Textilproduktion. Verschiedene Akteursgruppen bringen dabei ihre Expertise und Erfahrungen ein. Die Projekte zielen darauf ab, entlang von vier Fokusthemen im Bündnis Wirkungen vor Ort zu erzielen: Existenzsichernde Löhne und Einkaufspraktiken, Umweltschutz, Geschlechtergerechtigkeit sowie Beschwerdemechanismen und Abhilfe.

Um einmal beispielhaft zwei von aktuell insgesamt zehn laufenden Initiativen zu nennen: In der Bündnisinitiative „Implementing Circularity“ (Umsetzung von Kreislaufwirtschaft) arbeiten Unternehmen gemeinsam mit anderen Akteuren daran, Kleidung zu designen, die langlebig, reparierbar und recycelbar ist. Es sollen nachhaltige Kollektionen entstehen, inklusive eines digitalen Produktpasses, um Materialien besser sortieren und wiederverwerten zu können.

Das Projekt „Organic Cotton“ (Bio-Baumwolle) wiederum zielt auf die Unterstützung von Kleinbäuerinnen und -bauern in Indien bei der Umstellung von konventioneller Baumwolle auf Bio-Baumwollanbau ab. Dazu gehören Schulungen zu menschenwürdiger Arbeit, die Bereitstellung von gentechnikfreiem Saatgut, die Zahlung von Prämien und Abnahmegarantien seitens der teilnehmenden Unternehmen.

Was sehen Sie als die größten Herausforderungen für das Bündnis in den kommenden Jahren?

Eine der größten Herausforderungen ist es, unser Angebot kontinuierlich weiterzuentwickeln und so an die Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Unsere Mitglieder sollen bei der Umsetzung von Sorgfaltspflichten über die Gesetzgebung hinaus im Bündnis Unterstützung finden und praxisnahe Lösungen erarbeiten können. Gleichzeitig ist es essenziell, die Stimmen der lokalen Stakeholder in den Produktionsländern verstärkt in unsere gemeinsamen Projekte einzubinden, z. B. durch die Zusammenarbeit mit lokalen Gewerkschaften oder NROs. Ihre Perspektiven sind unerlässlich, um die Situation vor Ort zu verbessern und die Transformation zu sozial und ökologisch nachhaltigen Lieferketten voranzutreiben.

Solche Veränderungen in einer komplexen, globalen Branche brauchen Zeit, Engagement und vor allem Zusammenarbeit – von Wirtschaft, Politik, Standardorganisationen, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften. Weil wir gemeinsam mehr erreichen!

Bei Ihrer Jubiläumsveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen im vergangenen Jahr haben viele Bündnismitglieder eine Absichtserklärung unterschrieben. Was hat es damit auf sich?

Die Unterzeichnung der Absichtserklärung zur „Stärkung von lokalen Gewerkschaften und lokalen NROs als legitime Vertretung von Rechteinhaber*innen” durch Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Bündnismitglieder aller Akteursgruppen war ein Höhepunkt der Veranstaltung. Die Erklärung betont, wie wichtig es ist, Gewerkschaften und NROs in den Produktionsländern als Vertreter*innen der Beschäftigten anzuerkennen und ihre Perspektiven und Stimmen aktiv und partizipativ in unsere Arbeit einzubinden. Für eine faire und nachhaltige Transformation in globalen Lieferketten sind solche starken Allianzen der Schlüssel. Als nächsten Schritt gehen wir nun mit den Unterzeichnenden in die Entwicklung von konkreten Maßnahmen. Dazu laden wir auch weitere Organisationen herzlich ein, sich der Erklärung anzuschließen und die gemeinsame Umsetzung zu unterstützen!

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Bremer Baumwollbörse ist seit der Gründung 2014 Mitglied im Bündnis für nachhaltige Textilien. In verschiedenen Arbeitsgruppen trägt sie mit ihrer Expertise zur Arbeit des Bündnisses bei.

Die Interviews in der Rubrik „Nachgefragt“ entsprechen der Meinung des jeweiligen Interviewpartners und geben nicht die Position der Bremer Baumwollbörse als neutrale, unabhängige Institution wieder.

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