Die Erträge im Baumwollanbau haben weltweit eine große Spanne. Von um die 200 kg pro Hektar in einigen afrikanischen Ländern bis hin zu Rekordhöhen von mehr als 2.000 kg pro Hektar in Australien reichten die Ernteerträge an Baumwolle der Farmer in den letzten Jahren. Der Durchschnittswert pendelte dabei zwischen 750 und 800 Kilogramm. Einige Länder wie Australien, China, Türkei, Brasilien und Israel konnten seit den 2000ern ihre Erträge im Durchschnitt deutlich steigern und erzielen kontinuierlich Ernten über 1.000 kg pro Hektar. In vielen anderen Ländern konnten nur geringe oder keine Ertragsteigerungen im Baumwollanbau festgestellt werden.
Was beeinflusst die Ertragshöhe?
Der Ertrag auf einem Feld resultiert aus einer komplexen Mischung verschiedener Faktoren, die nur zum Teil beeinflussbar sind und voneinander abhängen. Das Internationale Baumwollsekretariat (ICAC) unterscheidet drei Hauptfaktoren:
- Das genetische Potential einer Saatgutvarietät für die Baumwollerzeugung
- Umweltfaktoren in Interaktion mit dem genetischen Potential
- Produktionstechnologien und landwirtschaftliche Praktiken.
Genetisches Potential einer Saatgutvarietät für die Baumwollerzeugung
Das Saatgut, also die Baumwollsorte entscheidet wesentlich über die Qualitätseigenschaften der Baumwollfaser, aber auch darüber, welchen Ertrag die Pflanze unter den besten Bedingungen grundsätzlich erzielen kann. Das genetische Potential der Baumwolle legt ihre grundlegende Architektur sowie Eigenschaften wie Trockenheitsresistenz oder Schädlingsresistenz fest. Es entscheidet darüber hinaus maßgeblich, wie sich der Einsatz bestimmter Betriebsmittel auf den Ertrag auswirkt. Hier ist vor allem von Bedeutung, ob die wirtschaftlich entscheidende Faserproduktion bzw. Faserqualität oder das allgemeine Pflanzenwachstum im Vordergrund steht. Das ICAC weist darauf hin, dass eine Steigerung der Erträge durch die Züchtung von Baumwollsorten mit «kompakter Architektur» erreicht werden kann. Dies erfordere auch ein ‚Canopy Management‘ bzw. Blatt-Dach-Management, bei dem übermäßiges vegetatives Pflanzenwachstum in einer kritischen Phase eingedämmt wird. Hier wird deutlich, dass die Genetik einer Baumwollsorte nicht ohne Umweltfaktoren und entsprechende landwirtschaftliche Praktiken betrachtet werden kann.
Umweltfaktoren
Zu den Umweltfaktoren gehören Bodengegebenheiten bzw. Bodengesundheit, generelle klimatische Bedingungen, Wetterbedingungen zu kritischen Zeitpunkten der Pflanzentwicklung, Schädlingsdruck sowie Niederschläge. Baumwolle benötigt ausreichend Sonneneinstrahlung und Temperaturen von rund 30 Grad für die Reifung. Darüber hinaus ist Wasserzufuhr in bestimmten Wachstumsphasen für eine gesunde Kapselentwicklung erforderlich. Auch dauerhaft zu heiße Temperaturen über 40 Grad schaden der Pflanze, wie etwa Pakistan in der letzten Saison erfahren musste. Grundsätzlich lassen sich die regionalen Gegebenheiten nur wenig beeinflussen. Sie sind aber entscheidend dafür, ob Baumwolle dort wächst und wie unterstützend diese Bedingungen sind. Es ist deshalb zum einen wichtig, dass das Saatgut auf Basis seiner Züchtung auf die jeweilige Umgebung angepasst ist. Zum anderen kommen landwirtschaftliche Praktiken und Betriebsmittel ins Spiel, um eventuelle Nachteile eines Standorts auszugleichen und eine bestmögliche Versorgung der Pflanze mit Nährstoffen sicherzustellen.
Produktionstechnologien und landwirtschaftliche Praktiken
Unter Produktionstechnologie fällt eine breite Palette an Möglichkeiten, um Feldfrüchte optimal zu versorgen und höchstmögliche Erträge zu erzielen. Das beginnt bei der Saatzucht (siehe oben) und setzt sich fort über die vorbereitende Bodenbearbeitung, Aussaatmethoden und Pflanzgeometrie. Größere Abstände zwischen den Pflanzen werden beispielsweise in Indien, Thailand, Bangladesch, Uganda, Sudan, Tansania und den meisten afrikanischen Ländern eingehalten. Der Pflanzenbestand liegt in diesen Ländern bei weniger als 30.000 pro Hektar. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die fünf führenden Länder – Australien, Brasilien, China, Mexiko und die Türkei – mit hohen Erträgen von mehr als 1.500 kg Lint pro Hektar auch über hohe Pflanzquoten von mehr als 100.000 Pflanzen pro Hektar verfügen. Während der Wachstumsphase ist die passende Nährstoffgabe, Schädlingsbekämpfung und Wasserzufuhr entscheidend. Wie bereits oben angedeutet, ist teilweise auch eine Begrenzung des Blattwachstums angebracht, so dass die Energie mehr Verwendung für die Erzeugung von Fasern findet. Ebenso wirkt sich der Einsatz digitaler Technologien bei Maschinen und der Einsatz von Sensoren zur Kontrolle der Pflanzenentwicklung auf die Erträge aus.
Wissen und Technologiezugang
Das komplexe Zusammenspiel all dieser Einflussfaktoren ist Gegenstand der agronomischen Forschung rund um die Baumwolle. Die richtige Anwendung der Erkenntnisse setzt einerseits umfassendes Wissen über die Zusammenhänge der Baumwollkultivierung voraus, andererseits Zugang zu den entsprechenden Technologien und Produktionsmitteln. Bei diesen Faktoren dürfen die politischen Rahmenbedingungen und finanzielle Unterstützung der Bauern als weitere indirekte Einflüsse auf die Erträge gelten. Ob sich Bauern eine Ausbildung leisten können, Betriebsmittel angeschafft werden oder Bewässerung finanzierbar ist, hängt nicht nur in ärmeren Ländern oft von staatlicher Unterstützung ab.
Quellen: ICAC Cotton Data Book 2020 sowie The ICAC Recorder 2/2019 und 3/2018