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14. Mai 2024 / Textilien auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

– International Cotton Conference Bremen 2024 –

Ausgehend von dem Ziel einer nachhaltigeren Textilindustrie, die zunehmend auf fossile Rohstoffe verzichtet, stellte Prof. Dr. Stefan Schlichter von der Technischen Hochschule Augsburg den Stand und Konzepte des aktuellen Textilrecyclings vor. Im Mittelpunkt seines Vortrags auf der International Cotton Conference Bremen im März 2024 stand dabei der Weg zur einer verstärkten Kreislauforientierung der Textilwirtschaft sowie innovative Forschungsansätze zur Unterstützung.

Nach Aussage von Stefan Schlichter ist es dringend notwendig, die Auswirkungen der steigenden Energiepreise abzumildern, die Gasversorgung der EU zu diversifizieren und den Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen. Es gibt drei Wege fossile Rohstoffe zu reduzieren: Die verstärkte Nutzung von Biomasse, die Verringerung des CO2-Fußabdrucks und das Recycling, wobei alle drei Wege in Kombination genutzt werden sollten.

Stand und Herausforderungen des Recyclings

In der EU werden heute aufgrund der linearen Wirtschaft, die auf Produktion, Nutzung und Entsorgung basiert, nur 1 Prozent der gebrauchten Textilien in einem geschlossenen Kreislaufsystem zu neuen Fasern recycelt. Dagegen werden 73 Prozent energetisch verwertet, also verbrannt, oder auf Deponien gelagert. Die Vermischung von Fasern in Textilerzeugnissen erschwert das Recycling. Bei Textilabfällen handelt es sich um weit mehr als nur Kleidung, da technische Textilien und Hygienetextilien einen großen Teil des gesamten Textilangebots ausmachen.

Prozesse in der Kreislaufwirtschaft

In der Vision einer modernen Kreislaufwirtschaft für Textilien werden recycelte Materialien zur Herstellung hochwertiger Produkte verwendet, anstatt sie zu verbrennen oder zu deponieren. Die Kreislaufwirtschaft umfasst eigentlich zwei Kreisläufe: einen Kreislauf, in dem gebrauchte Textilien sortiert, repariert und wiederverwendet werden, und einen weiteren Kreislauf, in dem Fasern aus gebrauchten Textilien zurückgewonnen und zu hochwertigen Produkten verarbeitet werden.

Abfallpyramide

Die erste Priorität in der umgekehrten Abfallpyramide ist die Vermeidung. Die Vermeidung von Überproduktion ist der wichtigste Schritt zur Reduzierung von Abfällen in der textilen Wertschöpfungskette. Die nächsten Schritte sind Wiederverwendung, Recycling, energieintensive Rückgewinnung von Fasern und schließlich die Entsorgung.

Verkürzung der Fasern durch Recycling

Es gibt verschiedene Technologien für das Recycling von Textilabfällen, darunter mechanische, thermo-mechanische, lösungsmittelbasierte Trennung, thermo-chemische und Depolymerisation. Das chemische Recycling ist noch nicht ausreichend entwickelt, um marktreif zu sein. Das mechanische Recycling ist eine verfügbare Technologie, aber die Fasern werden bei jedem Durchgang gekürzt.

Zu den Strategien für den Umgang mit kürzeren Fasern gehören Kaskadenanwendungen unter Verwendung von Mischungen mit Frischfasern (von Unterwäsche über T-Shirts bis hin zu Faserplatten), die Abtrennung kurzer Fasern und die Verwendung in geeigneten Anwendungen wie Bau- und Geothermieprodukten sowie Strategien zur Erhaltung der Stapellänge.

Ansätze für Innovationen zur Verwertung von Textilien

Ein Beispiel für die Kreislaufwirtschaft cradle-to-cradle sind vliesbasierte Verbundstoffe (web-based composites, WBC). Carbon – kohlenstoffverstärkter Verbundfaserstoff – ist teuer, daher gibt es Anreize für das Recycling. Carbonfasern behalten ihre Steifigkeit durch Recycling-Iterationen und können wiederholt zur Herstellung von Verbundwerkstoffen verwendet werden, die in Flugzeugen und anderen Fahrzeugen zum Einsatz kommen.

Das Recycling Atelier Augsburg entwickelt Innovationsansätze für die Verwertung und Nutzung von Textilien. In kleinem Maßstab werden neue Produkte und Verfahren entwickelt, um Konzepte für das Recycling von Alttextilien zu erproben.

Herausforderungen der Zukunft

Die Sortierung von Textilien ist arbeitsintensiv und ungenau und muss automatisiert werden, daher ist ein laufendes Projekt die KI-basierte Sortierung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die wichtigsten Herausforderungen bei der Einführung des Textilrecyclings in großem Maßstab darin bestehen,
1) das chemische und
2) das mechanische Recycling zu optimieren,
3) die automatische Sortierung zu entwickeln,
4) die Rücknahme- und Textilabfallbewirtschaftungssysteme zu optimieren und
5) nach neuen Recyclingtechnologien zu forschen.

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