Baumwollqualität

Die Qualität der Baumwolle ist wesentlich für die Verarbeitung der Naturfaser. Die Ausprägung verschiedener Qualitätsmerkmale ist daher relevant für die Preisbildung und den Handel mit Baumwolle.

Die Baumwollprüfung und -klassierung anhand dieser und weiterer Merkmale gehört zu den Kernaufgaben der Bremer Baumwollbörse seit ihrer Gründung 1872.

Stapellänge

Baumwollqualität – StapellängeDie Länge der einzelnen Faser ist ein entscheidendes Kriterium für die Qualität der Baumwolle. Je länger die Faser ist, desto feiner lässt sie sich verspinnen. Die Baumwollfaser kann eine Länge zwischen ca. 3/4“ (18 mm) und ca. 1.3/4“ (45 mm) erreichen.

Im Rahmen des weltweiten Handels mit Baumwolle wird die Länge der Faser in Inch angegeben. Dabei gilt etwa eine Länge von 1.3/32“ und 1.1/8“ inzwischen als Standard für die meisten Baumwollen. Ab ca. 1“ (25 mm) spricht man von einer mittelstapligen Qualität, die überwiegend in der Welt produziert wird. Ab ca. 1.7/32“ (31 mm) handelt es sich um langstaplige Baumwolle; der bedeutendste Produzent ist Ägypten. Eine extra-langstaplige Qualität liegt bei einer Länge von mehr als ca. 1.3/8“ (35 mm). Am bekanntesten ist hier die amerikanische Pima-Baumwolle.

Als Stapellänge bezeichnet man eine bestimmte Bündellänge aller Fasern aus einer Faserpobe. Der Begriff stammt aus der manuellen Klassierung der Baumwolle zur Qualitätsbestimmung. Dazu wird aus der entsprechenden Baumwolle eine Probe gezogen und mit Hilfe einer bestimmten Technik ein Faserbündel erstellt. Dann dienen Referenzlängen und Erfahrung zur Bewertung der Längen. Auch heute hat die manuelle Klassierung noch Bedeutung, insbesondere wenn es zu Streitigkeiten kommt.


Micronaire

Baumwollqualität – MicronaireDer Micronaire-Wert ist ein Maß für die Feinheit sowie gleichzeitig für den Reifegrad von Baumwolle.

Er ist nach der Länge ein weiteres entscheidendes Kriterium für die Verspinnbarkeit der Fasern und gibt zudem Aufschluss über die Anfälligkeit für Nissen und für die Anfärbbarkeit (unreife Fasern sind schlechter färbbar).

Ermittelt wird der Wert über eine Luftwiderstandsmessung. Dazu wird eine definierte Menge an Baumwolle in eine Messkammer gegeben und der Strömungswiderstand der Fasern gemessen. Ein Gramm gröbere Fasern weist weniger Oberfläche auf als ein Gramm dünne Fasern, weshalb die Luft bei den gröberen auf weniger Widerstand trifft. Auch bei reifen Fasern hat die Luft weniger Widerstand als bei unreifen. Insgesamt zeigen also gröbere und reifere Fasern einen höheren Micronaire-Wert.

Die Micronaire-Werte für Baumwolle reichen von etwa 2 bis 8, wobei 2 für feine und 8 für grobe Fasern steht.

  • 2,4 – 3,4 sehr fein (Pima)
  • 2,5 – 3,9 fein (Upland)
  • 4,0 – 4,9 mittel (Normalbereich)
  • 5,0 – 5,9 leicht grob
  • 6,0 – 6,9 grob

In der Textilindustrie werden weitere Feinheitsmaße für Fasern und daraus resultierende Garne benutzt, welche die Feinheit aus direkten Messungen angeben. Für Baumwolle hat sich vor allem der Micronaire-Wert durchgesetzt, während für synthetische Fasern und Garne die Maßeinheit „tex“ für die Angabe von Feinheiten verwendet wird. Eine Umrechnung der ermittelten Micronaire-Werte in dtex im praktischen Gebrauch erfolgt meist nicht.

Historisch gehört die Micronaire-Bestimmung zusammen mit dem Pressley-Verfahren zur Bestimmung der Faserfestigkeit zu den ersten physikalischen Prüfverfahren der Baumwolle, die sich nach dem 2. Weltkrieg etablierten. Diese ergänzten die bis dato rein manuellen und visuellen Klassierungen der Naturfaser.


Farbklassierung und farbige Baumwolle

Baumwollqualität – FarbeBei der traditionellen Qualitätsbeurteilung werden Baumwollen in Farbklassen eingeteilt. Weiß gilt dabei als die beste Qualität, während graue, gelbe oder braune Verfärbungen Anzeichen für schlechtere Qualität sind.

Gelbliche Flecken in der Baumwolle können ein Hinweis auf Schädlingsbefall sein. Aber auch sehr hohe Temperaturen führen manchmal zu gelblichen Verfärbungen. Grau kann sich Baumwolle verfärben, die zum Ende der Reifungszeit Niederschlägen ausgesetzt war. Die Eigenfarbe der Baumwolle wird bei der Mischung in der Spinnerei berücksichtigt und wirkt sich unter anderem auf die Anfärbbarkeit aus. Gegebenenfalls wird ein Bleichvorgang in der Verarbeitung nötig. Dies wiederrum hat Einfluss auf andere Fasereigenschaften, zum Beispiel auf die Festigkeit.

Neben der klassischen weißen Baumwolle gibt es auch naturfarbene Baumwollsorten. Als weitere natürliche Farben kann Baumwolle meist braun und grün in zum Teil unterschiedlich intensiven Ausprägungen aufweisen. Rote und blaue Färbung kommen sehr selten vor und werden nicht kommerziell kultiviert. Bei manchen Sorten hält sich die Farbe beim Waschen oder intensiviert sich sogar, bei anderen nicht. In der Regel ist die Faserqualität bei farbiger Baumwolle geringer ausgeprägt.


Klasse (Grade)

Baumwollqualität – KlasseDie traditionelle Klassierung von Baumwolle umfasst die manuelle und visuelle Qualitätsbeurteilung hinsichtlich dreier wesentlicher Merkmale: Verschmutzung, Farbe und Länge. Unter Klasse (Grade) versteht man dabei den augenscheinlichen Eindruck einer entsprechend aufbereiteten Baumwollprobe.

Dabei geht es um Glanz, graue und gelbliche Verfärbungen sowie um den Anteil von Laub und anderen Pflanzenteilen wie Stängel oder Saatfragmente. Die Qualitätsstufen nach dem am weitesten verbreiteten Referenzsystem für US-Baumwolle reichen von Good Middling (beste Klasse) über weitere Abstufungen bis hin zu Good Ordinary (niedrigste Klasse). Einfluss auf den Schmutzgehalt der Baumwolle haben vor allem die Pflückmethode und die Entkörnung. Maschinengeerntete Baumwolle weist in der Regel einen höheren Schmutzgehalt auf und wird vor und während der Entkörnung aufwendig gereinigt. Dies ist bei handgepflückter Baumwolle weniger der Fall, wobei es hier öfter zu nicht-organischen Verschmutzungen kommt. Je aufwändiger die Baumwolle gereinigt werden muss, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass währenddessen Fasern beschädigt werden und die Länge als ein wichtiger Preisbestandteil leidet. Daher gilt es ein Optimum von Reinigung zum Erhalt der Faserqualität zu erreichen.


Verschmutzung (Trash)

Der Verschmutzungsgrad der Baumwolle ist Teil des Qualitätsmerkmals „Klasse“. In Allgemeinen ist jede Verschmutzung in erster Linie Abfall.

In der Spinnerei kann dieser sich aber abhängig von der Art auf die Verarbeitung auswirken und die Qualität im Endprodukt beeinflussen. Gegebenenfalls müssen Spinnereien weitere Reinigungsmaßnahmen ergreifen. Nicht zuletzt wirkt sich eine Verunreinigung auch auf den Einkaufspreis aus. Günstigere, laubige Baumwolle wird für weniger hochwertige Produkte verwendet. Daher ist das Wissen um den Schmutzgehalt für die Verarbeiter von Baumwolle wichtig und ein Bestandteil Qualitätsgarantien in einem Vertrag. Verunreinigungen stellen für Spinnereien einen erheblichen Kostenfaktor dar.

Verschmutzungen sind auch ernteabhängig

Baumwollqualität – VerschmutzungDie Naturfaser Baumwolle wächst auf dem Feld, daher gelangen oft natürliche Verschmutzungen wie Blattreste, Stängel und Knospenteile in die Baumwolle. Wie stark die Baumwolle verschmutzt ist, hängt von der Art der Ernte und dem anschließenden Entkörnungsprozess ab. Bei der manuellen Ernte können die Pflücker vorsichtig die Samenhaare greifen und diese aus der Knospe ziehen. Es gelangen meistens weniger Pflanzenteile in die geerntete Saatbaumwolle. Allerdings besteht bei der manuellen Ernte die Gefahr anderer Verschmutzungen der Baumwolle, wie etwa durch Kleidungsfasern oder -gewebe. Einfluss auf die Höhe des Verschmutzungsgrades haben daneben auch die Art der Entkörnung und besonders die Einstellungen der Maschinen und die Anzahl der eingesetzten Reinigungsstufen.

Nach den Erhebungen des ITMF* stammt die am stärksten kontaminierte Baumwolle nach wie vor aus Indien, der Türkei, Afrika (verschiedene Länder) und Zentralasien, während die am wenigsten kontaminierte Baumwolle aus den USA, Israel, Australien – also Ländern mit genereller Maschinenpflücke – und aus bestimmten Ländern Westafrikas stammt.

*Quelle und weiterführend ist diese Zusammenfassung des Vortrags von Marinus van der Sluijs mit dem Titel ‚Contaminants in Cotton – Still a Major Issue for High Quality Products‘, den er anlässlich der Internationalen Baumwolltagung Bremen 2021 hielt. -> zu den Vorträgen


Festigkeit

Baumwollqualität – FestigkeitUnter Faserfestigkeit ist die Beständigkeit von Fasern gegenüber einwirkenden Kräften zu verstehen. Dazu zählen Zug, Druck, Reibung, Torsion (Drehung) und Reibung.

Die Festigkeit textiler Produkte wie Fasern und Garne wird in der Regel mit Hilfe der Zugbelastung beurteilt.

Bei textilen Fasern wird die Bruchkraft auf die textile Feinheit der Faser oder des Garns bezogen. Aufgrund der Unrundheit der Fasern und Garne beruht ihre Feinheitsdefinition zumeist auf der Bestimmung der Masse/Gewicht pro Längeneinheit. Das international vorgeschriebene Feinheitsmaß ist dabei die Einheit tex. Dabei ist 1 tex die Masse von 1 Gramm bezogen auf 1000 Meter. Die Festigkeit wird in Newton beziehungsweise Centinewton (cN) angegeben. Die Festigkeit der Baumwolle unter Normalklima beträgt 20-40 cN/tex. Die Festigkeitswerte für handelsübliche Baumwolle liegen heute bei 28 cN/tex (g/tex) und höher. Festigkeit ist ein von drei Standardgarantien im internationalen Handel.

Festigkeitsmessungen der Baumwollfaser erfolgen heute üblicherweise mit der HVI als Bündelmessung oder mit vergleichbaren Instrumenten. Insbesondere für die Verarbeitung der Baumwollfaser in Spinnereien gilt die Festigkeit neben der Faserlänge als eine der wesentlichen Eigenschaften. In Umfragen bei Spinnereien liegt die Festigkeit regelmäßig und bei allen Spinnverfahren unter den am meist begehrten Eigenschaften.


Gleichmäßigkeit

Alle textilen Fasern pflanzlichen Ursprungs sind ungleichmäßig, da ihre Entstehung natürlichen Wachstumsprozessen unterworfen ist. Unter Gleichmäßigkeit versteht man die gleichmäßige bzw. ungleichmäßige Längenverteilung von Fasern in einem Faserbündel.

Kennwerte für Gleichmäßigkeit basieren entweder auf Messung der Länge einzelner Fasern, wie zum Beispiel durch ein Faserprüfgerat AFIS, und geben so ein gutes Längenverteilungsdiagramm einer Faserprobe inklusive der Kurzfasern wieder. Eine weitere Messmethode erhebt, wie in der HVI, lange Fasern (UHML) und die mittlere Faserlänge (ML) eines Faserbündels. Diese Verteilung kann Hinweise für die Interpretation anderer Längenkennwerte und die entsprechenden Verarbeitungsmöglichkeiten geben. Neben der Faserlänge ist in der Baumwollverarbeitung die Verteilung relevant.

Prinzipiell heißt je gleichmäßiger desto besser, also zum Beispiel weniger Abfall beim Kämmen und hochwertigere Garne. Dennoch, eine vollkommen gleichmäßige Faserlänge gibt es bei Naturfasern nicht und sie ist für die Verarbeitung auch nicht unbedingt erwünscht. Abhängig vom gewünschten Produkt können textile Flächen eine gewisse Ungleichmäßigkeit aufweisen, die von Menschen als angenehm empfunden wird – dazu zählen Flauschigkeit, Haarigkeit, Struktur.



Standards

Baumwollqualität – Standards

Alle größeren baumwollproduzierenden Länder erstellen Vergleichsproben der vorherrschenden Baumwollsorten und entsprechenden Klassen in ihrem Land. Dies sind die so genannten Standards.

Sie dienen als Referenzmaterial zur vergleichenden Qualitätsbeurteilung. Aus dieser Beurteilung leitet sich eine Wertbestimmung ab, die sich auf den Preis des Rohstoffs auswirkt.

Am meisten verwendet werden die US-Standards, da die für diese Standards verwendete Mittelstapel- oder Upland-Baumwolle auch in vielen anderen Ländern außerhalb der USA angebaut wird. In der Bremer Baumwollbörse lagern Standards aus etwa 40 baumwollproduzierenden Ländern und können im Fall von Streitigkeiten als Vergleichsmaterial herangezogen werden.

Für alle gängigen Standards werden von Baumwollorganisationen wie der Bremer Baumwollbörse oder der International Cotton Association Wertdifferenzen angeben.


Wertdifferenzen

Baumwollqualität – Wertdifferenzen

In den Wertdifferenzen für die jeweiligen Standards werden die preislichen Abstufungen für unterschiedliche Klassen und weitere Qualitätsmerkmale festgehalten.

Dazu gehört zum Beispiel die Art der Entkörnung für einige Qualitäten (Rollerginned im Vergleich zu Sawginned). Kommt es zu Streitigkeiten über die Qualität, legen die Wertdifferenzen die Höhe des Preises für Abweichungen von der vereinbarten Qualität fest. Diese orientieren sich an Marktwerten, sind aber wenig flexibel. Sie erhöhen die Vergleichbarkeit verschiedener Qualitäten und geben zudem Käufern wie Verkäufern eine Orientierung für Abschläge bzw. Aufschläge in Verhandlungen.

Die Bremer Baumwollbörse legt die Wertdifferenzen in Zusammenarbeit mit der International Cotton Association, Liverpool fest. Sie werden in unregelmäßigen Abständen aktualisiert.

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