Interview mit Dr. Lothar Kruse, Geschäftsführer des Prüfinstituts Impetus GmbH & Co. Bioscience KG, Bremerhaven:
Der Anteil der aus Biobaumwolle verkauften Produkte in Europa liegt noch immer auf niedrigem Niveau. Bei der Produktion von Biobaumwolle ist der Einsatz von Gentechnik nicht erlaubt. Wenn Verbraucher auf den Kauf von Biotextilien Wert legen, sollen Siegel helfen, nach Bio-Richtlinien hergestellte Produkte zu identifizieren. Doch kann man Produkten mit Biosiegeln dauerhaft Vertrauen schenken? Unter Bezugnahme auf die Berichterstattung in der letzten Ausgabe sprach das Redaktionsteam des Bremen Cotton Report darüber mit Dr. Lothar Kruse, dem Geschäftsführer des Prüfinstituts Impetus GmbH & Co. Bioscience KG, Bremerhaven.
Cotton Report: Herr Dr. Kruse, womit beschäftigt sich Ihr Institut schwerpunktmäßig?
Lothar Kruse: Wir sind seit über 20 Jahren auf die Untersuchung von genveränderten Organismen spezialisiert. Seit 1993 konnten wir maßgeblich an der Entwicklung von Nachweisverfahren mitwirken. Dabei entwickelten wir eigene innovative Testmethoden und erweitern unser Angebot kontinuierlich. Wir sind ein akkreditiertes Prüflabor für Lebensmittel, Futtermittel, Saatgut sowie pflanzliche Wirkstoffe und Naturfasern. Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit umfasst Authentizitätsprüfungen auf Basis von Gentests bei Lebensmittel- und Tierfutterprodukten sowie Prüfungen von Allergenen in Lebensmitteln. Zudem führen wir Echtheitsprüfungen für Pima-Baumwolle durch. Bereits seit 1998 beschäftigen wir uns intensiv mit DNA-Analysemethoden, durch die wir gentechnisch verändertes Baumwollmaterial identifizieren können. Das Interesse an Prüfungen steigt, da die Verwendung von GVO-Baumwolle nach den Herstellungsrichtlinien von Öko-Textil-Labels ausgeschlossen ist und die Notwendigkeit besteht, Werbeversprechen einhalten zu müssen.
Wie funktionieren DNA-Tests für Baumwolle?
Eindeutig zielführend sind bei der Prüfung von Baumwolle auf GVO sogenannte Eventnachweise. Sie liefern nicht nur erste Hinweise auf gentechnische Veränderungen, sondern bieten darüber hinaus auch die Möglichkeit einer genauen Identifizierung einer bestimmten Fremd-DNA in Baumwollpflanzen. Zudem können die Anteiligkeiten an GVOs quantifiziert werden. Uns liegen Informationen über die DNA vieler nicht genveränderter, aber auch von genveränderten Baumwoll-Linien vor, die wir mit dem zu prüfenden Material vergleichen. So können wir spezifische DNA-Abschnitte etwa von genveränderter insektenresistenter Baumwolle z. B. mit der Eventbezeichnung MON 531 oder auch MON 15985 identifizieren und quantifizieren.
Aus welchen Ländern stammen bei Ihnen Biobaumwollproben mit den meisten GVO-Verunreinigungen?
Es fällt auf, dass Biobaumwollproben, die aus Indien stammen, besonders häufig gentechnisch veränderte Organismen enthalten. Das war bei Prüfungen von Baumwolle aus anderen Ländern wie der Türkei nicht der Fall. Dies könnte daran liegen, dass es sich in Indien in Anbetracht des über 90 prozentigen Anteils von gentechnisch veränderter Baumwolle im Anbau nur schwer vermeiden lässt, dass es innerhalb der Warenströme zu unbeabsichtigten Vermischungen kommt. Natürlich kommen, wie uns berichtet wird, auch absichtliche Vermischungen vor. Dies macht Kontrollen notwendig.
Wo liegen die Grenzen von DNA-Prüfmethoden?
Wir empfehlen die Prüfung unbehandelter Baumwollfasern. Rein mechanische Verarbeitungsprozesse wie Kämmen und Verspinnen sind kein Problem. Problematisch wird es bei chemischen Verfahren, etwa beim Bleichen mit Wasserstoffperoxid oder beim Färben mit bestimmten aggressiven Farbstoffen, die das Erbmaterial unkenntlich machen und zerstören. Am fertigen Textil- und Bekleidungsprodukt ist der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen nach dem Stand der derzeitigen Prüftechnik überhaupt nicht oder nur in seltensten Fällen nachprüfbar. In Zukunft könnte dies aber auf Basis von Massenspektrometertechnologie möglich werden.
Teilen Sie die Meinung von Siegelgebern, wonach es wegen fehlender standardisierter Prüfverfahren zu unterschiedlichen Prüfergebnissen kommt?
Es ist bekannt, dass es derzeit beim Vergleich der Prüfergebnisse unterschiedlicher Labore an gleichen Proben zu Abweichungen kommt. Ursächlich könnten fehlende Erfahrung oder das angewendete Testverfahren sein. Letztlich ist dies aber dem Fehlen international standardisierter Testverfahren und auch der fehlenden kontinuierlichen Überprüfung durch Rundtests geschuldet. Schon lange haben wir empfohlen, dass Standardisierungen eingeführt und Rundtests organisiert werden. Wenn dies jetzt in Angriff genommen wird, wie zu hören ist, ist das aus unserer Sicht begrüßenswert, weil dies zur Vertrauensbildung in Prüfergebnisse beiträgt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Interviews in der Rubrik „Nachgefragt“ entsprechen der Meinung des jeweiligen Interviewpartners und geben nicht die Position der Bremer Baumwollbörse als neutrale, unabhängige Institution wieder.